Hagen. “In Hagen läuft viel viel besser als anderswo in Deutschland”, so Prof. Dr. Beate Küpper zum Auftakt ihres Vortrages bei der 5. Hagener Bildungskonferenz am Mittwoch (4.11.2015) im Käthe-Kollwitz-Berufskolleg. “Migration bewegt Hagen” lautete das Kernthema der diesjährigen Konferenz.
“Migration bewegt Hagen”
Mit der aktuellen Flüchtlingsthematik hätte die 5. Bildungskonferenz kaum aktueller sein können, stellte Margarita Kaufmann, Bildungs-Dezernentin der Stadt Hagen in ihrer Begrüßung fest. Sie verwies auf die zahlreichen Hagener Initiativen, die sich für die Menschen einsetzen, die in den vergangenen Wochen und Monaten nach Hagen gekommen sind. Sie dankte explizit den Einrichtungen, Institutionen, Initiativen und engagierten Menschen.

Ruhrgebiet eine Region der Einwanderung
Dass das Engagement so groß ist und in Hagen vieles besser läuft, schrieb Prof. Küpper unter anderem der Geschichte des Ruhrgebietes zu. Es sei eine Migrationsgeschichte, fast jeder habe Vorfahren, die ins Ruhrgebiet eingewandert seien, von fern und von nah. Beeindruckt zeigte sich Küpper ob des großen Andrangs bei der 5. Bildungskonferenz. Die über 300 Menschen im Saal nutzte sie gleich für kleine soziologische Übungen und Veranschaulichungen; per aufzeigendem Finger, wie es sich für eine Schulveranstaltung gehört. Wer kommt nicht aus Hagen? Wer nicht aus NRW? Wer nicht aus Deutschland? Wessen Eltern kommen nicht aus Deutschland, NRW oder Hagen? Und wessen Großeltern? Fast jeder im Saal hat einen Migrationshintergrund, stellte sich heraus, regional und international.
Niemand vor Vorurteilen gefeit

Eine ähnliche Feststellung gab es zu Vorurteilen. Niemand ist vor ihnen gefeit, verdeutlichte Küpper. Dafür hatte sie harmonisch-positives und weniger harmonisch-positives Bildmaterial mitgebracht. Sie benutzte es für die jeweils gleiche Fragestellung zu einer Volksgruppe. Die Botschaft der Bilder rief entsprechend wertende Vokabeln im Kopf hervor. Die ersten Schritte Richtung Vorurteil waren gemacht. “Das funktioniert immer”, so Küpper, “Hauptsache man kommt selbst gut dabei weg.”
“Demokratische Bildung furchtbar wichtig”

Diesen Phänomenen entgegenzutreten ist die Aufgabe demokratischer Bildung. “Die ist furchtbar wichtig”, so die Professorin für Sozialwesen an der Hochschule Niederrhein. Doch die komme häufig zu kurz.
Gerade in den sozialen Netzwerken, in denen Meinungen mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gefüttert würden, sei die “Gegenrede so wichtig”. Ohne sie würden Menschen dort ausschließlich Bestätigung für ihre Vorurteile finden. Und da man von seiner Netzwerk-Gruppe gemocht werden wolle, würde sprachlich häufig noch einer drauf gesetzt, so Küpper. Mit Blick auf die Verrohung in den sozialen Netzwerken und den Ereignissen in Dresden und anderswo, stellte sie fest: “Das ist brandgefährlich, was da gerade passiert, eine wachsende Minderheit, die sich radikalisiert.”

“Demokratie lernen ist eine hochzivilisatorische Leistung und eine Daueraufgabe”, so Küpper weiter. Doch es gebe auch seit 20 Jahren Politikmüdigkeit, ergänzte eine erfahrene Pädagogin im Saal. Da bräuchten die Lehrerinnen und Lehrer, all die, die sich mit der politischen Bildung beschäftigen, Unterstützung.
Genau das wollte der 5. Hagener Bildungskongress auch leisten. Dazu teilten sich die Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer in zehn verschiedene Workshops auf. “Lebensbedingungen verstehen”, “Seiteneinsteiger in Schulen”, waren Themen, ebenfalls “interkulturelle Elternarbeit”, “ehrenamtliche Hilfsangebote”, “Berufsorientierung”, “Bildung ist mehr als Schule” sowie “Kitas und Zuwanderung aus der Stadtteilperspektive”.
Zahl junger Menschen mit Interesse an Politik steigt

Dass politische Bildung und das Erlernen von demokratischem Verhalten bereits in der frühen Kindheit beginnt, darauf wies eine Erzieherin beim Küpper-Vortrag hin: “Wir fangen damit schon im Kindergarten an.” Küpper selbst hatte zur Politikverdrossenheit Positives zu vermelden: “Die ganz junge Generation an den Unis ist interessiert an Politik.”
Dass da bei Schülern und Auszubildenden großes Potenzial ist, wenn man ihnen aufzeigt, wie Politik und politische Bildung ihr tägliches Leben und ihre Lebensperspektive gestalten helfen, war am Mittwoch musikalisch zu hören. “Ich bin hier um was zu verändern”, rappten die drei Sängerinnen von Eck & Sey. “Ich weiß was ich kann, also packen wir’s an”, sang Rapper Sivaz, “am Ende weißt du, ich hab’ es geschafft.”
